Sonntag, 17. Januar 2021

Glücksmomente 03-2021: Frühblüher in der Ziegelform und Spätzünder im Vogelhaus

Frische Tulpen, ein Käsekuchen, der ausnahmsweise mal gelungen ist, ein selbst genähtes Kleid, das wie angegossen passt, und zwei Mäuse, die sich vor Lachen auf dem Wohnzimmerboden herumkugeln: Es gibt im Alltag so viele Momente des Glücks, in denen das Herz vor Freude schneller hüpft. Je mehr Raum wir den schönen Augenblicken in Herz und Kopf schenken, desto weniger Platz haben die unschönen. Daher achte ich inzwischen bewusst auf die kleinen Freuden des Alltags - von denen es mehr gibt, als man vielleicht glauben mag. Drei bis fünf meiner Glücksmomente, die ich im Laufe einer Woche gesammelt habe, findet Ihr regelmäßig in dieser Rubrik:


Ziegelform-Glück


Es ist ein Leichtes, sich einen ganzen Online-Warenkorb voll mit Kerzenleuchtern, Tischsets sowie Vasen zu packen, per Mausklick zur Kasse zu gehen, bargeldlos mit dem Smartphone zu bezahlen, die Deko-Objekte kontaktlos vor die Haustür geliefert zu bekommen, auszupacken und sich ins Wohnzimmer zu stellen. Schnell und unkompliziert lassen sich auf diese Weise ganze Vitrinen, Fensterbänke sowie unter anderem Küchenschränke mit "Stehrümchen" füllen. Und das - je nach Saison beziehungsweise Wohn-Trend - gleich mehrmals pro Jahr: Auf Shabby Chic folgt Boho, dazwischen wird's Industrial, bevor das komplette Haus im Farmhouse-Stil dekoriert wird. Nach dem Motto "Stehrümchen, wechsel dich" verlässt so manche Schale schneller das Haus als sie zugestellt wurde. 



Ich habe unverzüglich damit aufgehört, jedem Trend zu folgen, als ich mein erstes Buch Wohnen ist ein Gefühl von Martina Goernemann las. Die Bloggerin ("Raumseele"), Journalistin und Autorin empfiehlt charmant und eindringlich, sich zu Hause ausschließlich mit Dingen zu umgeben, die einem Freude bereiten, weil man mit ihnen zum Beispiel eine besondere Erinnerung verbindet. Alles andere kann weg. Ich bin damals nach und nach durch jedes Zimmer gegangen und habe sämtliche Deko-Objekte in eine Kiste gepackt, die zwar hübsch aussahen, mir jedoch nichts weiter bedeuteten.


Stehrümchen


Seitdem achte ich darauf, dass mir in der Regel nur noch Deko und Möbel ins Haus kommen, die entweder nützlich sind, oder mit denen ich etwas Schönes verbinde. Am besten beides - und diese Kombi  finde ich meistens auf Reisen: Verschnörkelte Emaille-Tassen aus Belgien, aus denen wir - nicht nur im Wohnwagen - am liebsten unseren Kaffee trinken, einen Stuhl vom Flohmarkt in Dänemark, auf dem ich täglich bei den Hausaufgaben der Mäuse im Esszimmer sitze, und zum Beispiel einen Korb aus Frankreich, der mich regelmäßig zum Wochenmarkt begleitet.



Aus Holland stammt meine Ziegelform, die ich mir lange zuvor gewünscht hatte und in dem kleinen zeeländischen Ort Sluis entdeckte. In der Vorweihnachtszeit hatte ich sie bereits mit vier Adventskerzen bestückt. In dieser Woche habe ich die Form umgestaltet: In drei alte Müsli-Schüsseln der Mäuse, die genau in die Form passen, habe ich jeweils eine Hyazinthenzwiebel gesetzt. 





Häufig befinden sich beim Kauf gleich drei Zwiebeln in einem Töpfchen. Ich habe die Zwiebeln samt Wurzeln vorsichtig auseinander gezogen und dann einzeln mit der restlichen Blumenerde in die Schälchen gestellt. Dazwischen habe ich zwei kleine Vasen platziert, in die ich weiße Kerzen gesteckt habe. Sollten die Kerzen zu schmal für die Halter sein, umwickele ich sie zum Beispiel mit Juteband. 




Mit Moos, einer Lichterkette und ein paar Holz-Sternen habe ich meine Ziegelform für die kommenden Winter-Frühlingswochen bestens vorbereitet. Und für Sommer, Herbst sowie Weihnachten habe ich auch schon ein paar Ideen - so schnell wird meine geliebte Ziegelform unser Haus nämlich nicht mehr verlassen.        



Ziegelform im Herbst



Ziegelform im Advent


DIY-Vogelhaus-Glück

 


Mit Vogelhäusern ist es wie mit allen anderen Immobilien: Man kann die nobelste Villa bauen im angesagten skandinavischen Stil, mit weißer Holzfassade, schwarzem Dach sowie sechs hübschen Bullaugen-Fenstern, mit LED-Beleuchtung und einem eigenen Landeplatz direkt vor der Tür - wenn  es den Interessenten nicht gefällt und diese ein einfaches, windschiefes Objekt in der Nachbarschaft vorziehen, bleibt das Haus leer. 





So geschehen in unserem Viertel, genauer: auf unserem Grundstück. Denn dort steht seit ein paar Wochen das allerschönste Vogelhaus, was ich jemals gesehen habe. Mein Mann hat es mit dem Mäuserich vor Weihnachten als Überraschung für uns Mädels selbst gebaut. Als Vorlage diente den beiden eine unverschämt teure Luxus-Vogelvilla im Gartencenter, die sie nach Augenmaß aus alten Holzresten nachbauten. 


Stolz präsentierten uns die Zwei ihr Vogelhaus mit diversen Spezialeffekten: Es wird zum Beispiel durch den Schornstein mit Futter befüllt, das portionsweise nach unten rutscht. Zudem lassen sich an einem kleinen Haken die Futterknödel befestigen. Der Clou ist jedoch die hauseigene Solar-Beleuchtung, damit selbst das nachtblindeste Vögelchen auch bei Dunkelheit mal ein Korn findet. 






Wir stellten das Vogelhaus direkt vor unsere Fensterfront im Wohnzimmer - und dann passierte wochenlang nichts. Die vielen Vögel, die täglich in unserem Garten zwitschern, versammelten sich in den Büschen neben dem Haus, doch hinein traute sich keiner von ihnen. Ich ließ mich bezüglich des Futters beraten, wechselte die Sorte, knackte eigenhändig Erdnüsse, doch auch das lockte nicht einen Piepmatz an. 


Mein Mann starrte fassungslos aus dem Fenster. Hinter dem sich plötzlich etwas bewegte - allerdings nicht zur Freude meines Mannes: Unsere Nachbarn setzten ein Vogelhaus mitten in ihren Vorgarten - grad mal zwölf Meter Luftlinie von unserer Vogelvilla entfernt. "Ohne Wasserwaage", nörgelte mein Mann, der sich sicher war, dass nicht ein einziger Vogel in dieses "total schiefe", "ohne Liebe gekaufte", "k...braune" Häuschen auch nur eine Kralle setzen würde. Er sollte sich irren. Ein Remake des Hitchcock-Films "Die Vögel" hätte in den darauffolgenden Wochen in Nachbars Garten gedreht werden können, so viel Federvieh flatterte dort munter herum. Bei uns gegenüber: Leere. Stille. Ruhe. Bis auf die Ader am Hals meines Mannes, die pochte (ich berichtete beim letzten Mal von ihr).






Mein Sohn hatte schließlich die rettende Idee: Er schnappte sich das Vogelfutter und verteilte die Körner auf dem Dach sowie in verschiedenen Schüsseln rund um unser Vogelhaus. Seine Werbeaktion, mit der er wenigstens ein paar Vögel weg von der Konkurrenz zu uns locken wollte, zeigte in dieser Woche nun endlich den langersehnten Erfolg: Amseln, Blaumeisen und Finken fliegen seit Tagen auch in unserem Vogelhaus ein und aus. Das beobachten und dokumentieren wir vier Hobby-Ornithologen im Lockdown ganz akribischSollte unsere Futterstation einmal leer sein, geht's im Direktflug rüber zum Nachbarn. Egal ob bescheiden oder pompös: Mit unserer Luftbrücke zwischen den beiden Vogelhäusern tragen wir dazu bei, dass unsere gefiederten Freunde gleich doppelt satt und zufrieden durch den Winter kommen. Und das ist doch die Hauptsache.      



    

   

Restaurant-Glück


Psssst, nicht weitersagen: Obwohl in ganz Deutschland seit Wochen offiziell kein einziges Restaurant geöffnet ist, waren mein Mann und ich am Montag endlich mal wieder essen. Wir haben tatsächlich ein schnuckeliges Lokal gefunden, in dem wir uns heimlich bei Kerzenschein auserlesene Speisen und Getränke schmecken ließen. 

Wir waren an jenem Abend die einzigen Gäste in dem kleinen 15-Sterne-Restaurant, sodass sich die zwei Kellner ausschließlich um uns bemühten. Die beiden Servicekräfte kicherten zwar die ganze Zeit und diskutierten so lautstark, wer nun die Bestellung in seinem Minions-Kritzelblock aufnehmen durfte, dass wir Gäste unser eigenes Wort nicht mehr verstanden, dennoch wurden wir hervorragend bedient. 




Laut selbstgebastelter Kratzblock-Menükarte standen folgende Speisen zur Auswahl: 


Vorspeise: „Tomatensuppe“ (fünf Cocktailtomaten, die in einem Wasserbecher schwammen); Hauptspeise: „Abendüberraschung“ (zwei Scheiben Toast mit Käse), wahlweise auch "Lachs" (der noch vom Mittagessen übrig war), und Joghurt aus dem Becher zum Dessert. Wir hätten auch Eis am Stiel haben können, doch da war nur noch eins im Gefrierfach.  Dazu wurde uns „Sprudelwasser“ empfohlen.





Als der kleinere der beiden Kellner herzhaft selbst in das Käsesandwich biss, das ich bestellt hatte, und die größere, die mich eh permanent distanzlos duzte, versehentlich mit „Mama“ ansprach, wurde es mir dann doch etwas zu familiär. 


Wir beschlossen, die 4578 Euro und 164 Cent zu zahlen, die uns Herr und Frau Ober in Rechnung stellten. Anschließend verließen wir zufrieden das Restaurant, in dem wir definitiv nicht zum letzten Mal zu Gast waren, nahmen unsere Teller für die Spülmaschine mit und gingen eine Etage tiefer ins Wohnzimmer.





Einen ganzen Nachmittag lang hatten die Mäuse ihre geheimgehaltene geheime Geheimaktion für uns vorbereitet. Im Zimmer des Mäuserichs funktionierten sie den Schreibtisch zum Restauranttisch um, den sie fein säuberlich eindeckten. Mit Blumen und sämtlicher Leuchtdeko, die sie finden konnten, sorgten sie für ein gemütliches Ambiente. Selbst an eine Klingel aus ihrem Gesellschaftsspiel hatten sie gedacht. 





An Tag eins der Woche, vor der mir bereits lange zuvor gegraut hatte, weil wir erneut Arbeit, Alltag und doppeltes Homeschooling irgendwie unter einen Hut bringen müssen, haben uns die zwei Mäuse wieder einmal vor Augen geführt, dass wir uns jede noch so vermaledeite Situation möglichst schmackhaft machen sollten: Man nehme einen Teelöffel Fantasie, eine Messerspitze Kreativität und eine Prise Humor...ach, irgendwie wird das schon. Und zur Not gibt's ja immer noch den Pizza-Service.



Macht es Euch schön, schöner, am schönsten!

Herzliche Grüße,

Sarah 



*Dieser Beitrag enthält unbeauftragte und unbezahlte Werbung für einen Blog sowie ein Buch.

1 Kommentar:

  1. Das war aber süß! MADE MY DAY! Gruß, auch an die "Restaurantbetreiber", Gundula

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