Samstag, 11. November 2017

Mein Deal mit dem Weihnachtsmann: Laterne gegen Küchenmaschine

Lieber Weihnachtsmann, 
weißt Du, warum ich jedes Jahr aufs Neue eine perlweiß glänzende KitchenAid unter dem Weihnachtsbaum erwarte? Nicht, weil ich brav war (Du weißt eh, dass das nicht stimmt). Nicht, weil ich das ganze Jahr über dafür gesorgt habe, dass mein Mann ein sauberes Hemd im Schrank und meine Kinder eine warme Mahlzeit im Magen hatten. Denn dafür werde ich ja bereits am Muttertag großzügig mit Blümchen aus meinen selbstbepflanzten Beeten beschenkt. 
Ich wünsche mir, nein: ich verlange, verdammt noch mal, eine Küchenmaschine im Wert von mehr als 500 Euro (wenn das mal reicht), weil ich sie mir redlich verdient habe. Und zwar an einem einzigen Nachmittag, der stets etwa acht Wochen vor Heiligabend fett in meinem Kalender markiert ist, damit Du noch genug Zeit hast, meine KitchenAid in Deiner Weihnachtswerkstatt zusammenzubauen. 
Ich muss nämlich gar nicht das ganze Jahr über brav sein: In den zwei Stunden, in denen ich mal im Kindergarten, mal im Spielkreis, mal zu Hause die Laternen (ja, es sind sogar zwei!) für unsere Mäuse bastele, erarbeite ich mir hart die dicksten Geschenke, die Du auf Deinem Rentier-Schlitten transportieren kannst. 😂






Vor Weihnachten liegt der Sankt-Martinstag mit Laternenumzug durch unsere Kleinstadt. Und vor dem Umzug steht der Nachmittag an, an dem ich mit den Mäusen die zugehörigen Laternen anfertige. Und vor dem Nachmittag wiederum gibt es zwei Vormittage, an denen ich durch verschiedene Geschäfte hetze, um einen elektrischen Laternen-Stab zu finden, der erstens wenigstens einen Tag lang funktioniert und zweitens bezahlbar ist (der Einzelhandel hat nämlich schon längst erkannt, dass verzweifelte Mütter alles dafür zahlen würden, um gerade noch rechtzeitig einen der letzten LED-Stäbe zu ergattern).





Verschmitzt lachende Kürbisse, tanzende Einhörner, funkelnde Sterne und grinsende Dinos: Auch im Kindergarten basteln wir Erwachsenen die Modelle, die dem Alter der Kinder entsprechen. Und genau hier liegt das Problem, lieber Weihnachtsmann: Bei der Auswahl der Laternen fürs Basteln in homogenen Gruppen sollten nicht das Alter beziehungsweise die Feinmotorik der Kinder berücksichtigt werden, sondern viel wichtiger: die kreativen Fähigkeiten ihrer Eltern. 😜
Denn während mein werter Nachwuchs schon längst das Kuchenbüfett geplündert hat, unter den Basteltischen und zwischen den Kinderstühlen Fangen spielt, auf denen ich mich einigermaßen elegant sowie rückenschonend zu halten versuche, gerate ich mächtig ins Schwitzen. Mit Pergamentschnipseln in den Haaren, einer Kinderschere in der Hand, mit Kleber auf Haut, Hose und Handtasche forme ich aus einem Berg von buntem Papier so etwas wie lampionförmige Gebilde, mit denen sich meine Kinder irgendwie immer nur bei Dunkelheit aus dem Haus trauen.  





Also noch mal, lieber Weihnachtsmann: Nur weil der Mäuserich zu den älteren Kindern gehört, die deshalb eine anspruchsvolle Laterne basteln könnten, heißt das noch lange nicht, dass ich als seine Mama eine anspruchsvolle Laterne basteln kann. Beim Basteln bewege ich mich nämlich auf U3-Niveau! In dem Moment, in dem die Kinder in altersgleiche Gruppen aufgeteilt werden, wünsche ich uns jedes Mal zu den Jüngsten. Ich hätte gern zwei fertige, vorgestanzte Kreise, einen schmalen Streifen Pergamentpapier, ein bisschen Kleber, ein kleines Stück Draht zum Aufhängen und Fingerfarbe für zwei Handabdrücke des Mäuserichs. Fertig. 





Ich finde mich jedoch seit längerem bei den Fortgeschrittenen wieder und somit zum Beispiel vor einem Stapel aus gelbem Karton, aus dem mit etwas Geschick eventuell mal eine herzförmige Laterne werden könnte. Der Mäuserich schneidet zwei Herzen aus, für die dankenswerterweise bereits eine Schablone angefertigt wurde. Dann assistiere ich ihm dabei, wie er seine Schere hochkonzentriert entlang einer langen Linie führt, die ebenfalls zum Glück schon vorgezeichnet wurde (man weiß offensichtlich bereits, dass ich trotz Lineal nicht mal einen geraden Strich hinbekomme). Den Rest mache ich wie immer allein, weil der Mäuserich es vorzieht, Schmandkuchen zu essen, von dem er seiner Mama nicht ein Stück abgibt (ich hoffe, Du siehst auch das, lieber Weihnachtsmann), Verstecken zu spielen und den anderen Eltern zuzuschauen, die in der Gruppe nebenan die leichteren Laternen basteln. 





Ich schneide (mich), ich klebe (selbst), ich (ver)fluche (meinen Mann, der ausnahmsweise länger arbeiten muss - für ihn ein Geschenk weniger, lieber Weihnachtsmann) - jedoch so leise, damit weder die Kinder noch Du es hören könnt. Und ich bin nicht allein. In Sachen Basteln ist nun mal nicht jeder talentiert. Dafür kann ich backen. Ach nee, kann ich ja auch nicht. Lesen - das kann ich. Und schreiben - hilft mir beim Laternenbasteln nur leider nicht viel.





Das gemeinsame Laternenbasteln bereitet mir aber trotzdem viel Freude: Schließlich bringe ich am Ende dieser Nachmittage mit unseren verklebten und verknickten Nicht-schön-aber-selten-Exemplaren die Augen unserer Kinder so zum Leuchten wie die wunderschönen Laternen selbst, die wir in diesen Tagen wieder singend durch die Straßen tragen. 






Stolz auf jedes Modell, das wir gebastelt haben - vom einfachen bis zum komplizierten Bausatz - bewahre ich die Laternen nach ihrem Einsatz in einem XXL-Karton auf dem Dachboden auf. Im Herbst hänge ich sie alle an einer Lichterkette in unserem Wohnzimmer auf, wo sie nicht nur zeigen, wie schnell die Zeit vergeht, wie sich die Mäuse weiterentwickeln und wie viel Mühe in jeder einzelnen von ihnen steckt... An unserer funkelnden Laternen-Sammlung siehst Du auch, lieber Weihnachtsmann, wie sehr ich mir diese KitchenAid in all den Jahren verdient habe. 

...so langsam dämmert es mir, warum ich in all den Jahren noch keine megateure Küchenmaschine als Belohnung für meine Strapazen beim Basteln bekommen habe. Weil es an Sankt Martin gar nicht darum geht, selbst beschenkt zu werden, sondern darum, mit anderen Menschen zu teilen: den eigenen Mantel, das letzte Hemd, Freude, ein Lachen, beim Basteln: Kleber und Schere. Es geht um Bescheidenheit und Mitgefühl - wovon man nie genug haben kann. Ach, lieber Weihnachtsmann, vergiss die KitchenAid und kümmere Dich um die, die keine Luxussorgen haben.  

Macht's Euch gemütlich!
Herzliche Grüße (auch an Dich, lieber Weihnachtsmann),
Sarah

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen