Samstag, 29. Juli 2017

Schreiben, austauschen, freuen: Ich blogge, also bin ich

"Er kann die Tinte nicht halten": So sagt man in meiner Branche über Journalisten, die sich nicht kurz fassen können. Selbstverständlich auch über Journalistinnen, gelegentlich auch über mich. Es gibt komplexe Geschehnisse, komplizierte Gedanken und komplette Menschenleben, die sich zwar in knappe Randspalten pressen lassen - jedoch klingen sie dann, meiner Meinung nach, nur noch halb so charmant. Mein Kopf ist voller Wörter, die aus mir heraussprudeln müssen. Bestenfalls landen sie, wohl überlegt und fein säuberlich strukturiert, auf einem Blatt Papier, in der Zeitung oder auf diesem Blog - schlimmstenfalls unverblümt ausgesprochen im falschen Hals.




Schreiben


Ich habe diesen Blog zu Beginn des Jahres ins Leben gerufen, weil ich schon lange einen Platz für all die Wörter gesucht habe, die mir morgens direkt nach dem Aufstehen durch den Kopf schwirren (ich meine die, die bereits Sinn ergeben, nicht: "Kaafffeeeee!" oder "Schon so spät?" oder "Lasst Mama schlafen, nehmt den Autoschlüssel und fahrt allein zum Kindergarten"). Eine Art Schatztruhe für die Phrasen, die ich den ganzen Tag über fleißig sammele, die ich abends vor meinem geistigen Auge Revue passieren lasse und dann zunächst auf meinem MacBook im Bett niederschreibe, bevor ich sie nachts (Schlafentzug durch Kinder hat auch seine positiven Seiten) hin und wieder umschreibe.




Ich schreibe, weil die Leidenschaft für Sprache seit der Schule ein bedeutender Teil von mir ist. Von den ersten freien Texten in der Mittelstufe über kleine Theaterstücke, Glossen, Artikel für die Schulzeitung, Kolumnen für die Jugendseiten regionaler und überregionaler Zeitungen, von der freien Mitarbeit beim Radio, bei verschiedenen Magazinen bis hin zum Volontariat und heute als freie Redakteurin: Meinen Berufswunsch, Reporterin wie Karla Kolumna zu werden, habe ich von kleinauf verfolgt. Ich bin nicht mal eben Journalistin geworden, weil ich "was mit Medien machen" wollte, weil in diesem Studiengang gerade mal ein Platz frei war, weil es als hip galt oder nachdem ich es vielleicht beim Casting von "Germany's Next Topmodel" nicht in den Recall geschafft hatte: Ich will schreiben - hübsche, mal leichte, mal schwere Wörter finden, die aneinandergereiht harmonisch klingen, die zum Schmunzeln, zum Lachen, zum Nachdenken und mitunter sogar zum Nachmachen anregen.



  

Erzählen


Im Zusammenleben mit zwei Kindern, einem Hund, vor allem aber meinem Mann (!) bleibt Chaos nicht aus. Von den kleinen und großen Dingen, die wir miteinander Tag für Tag erleben, von den nie enden wollenden Renovierungsprojekten im und rund ums Haus samt Wohnwagen, die wir uns ausdenken und (aber zackig!) in die Tat umsetzen, sowie zum Beispiel von den Rezepten, die ich an meiner Familie schonungslos ausprobiere, möchte ich erzählen und zur Veranschaulichung immer wieder Bilder zeigen. Daher nutze ich Instagram, wo ich als Glücksfeder seit Anfang des Jahres viele Gleichgesinnte gefunden habe, die meine Vorliebe für die schönen Momente des Lebens teilen und auch den Weg hierhin, zu meinem Blog, gefunden haben. Und daher gewähre ich auch auf diesem Blog Einblicke in unser Haus, den Garten und in unseren Wohnwagen, die Emma.




Austauschen


Ich bin überrascht, wie viele Leser in den vergangenen Monaten meinen Blog Glücksfeder besucht haben und gern wiedergekommen sind. Allen Followern, die meinen Blog abonnieren (das funktioniert über das Formular auf der Startseite der Web-Version), und die per Mail oder via Bloglovin automatisch kostenlos auf die neuen Beiträge hingewiesen werden wollen, sage ich schon jetzt herzlichen Dank für Euer Interesse. Ich freue mich über jeden Einzelnen von Euch und natürlich all die Instagram-Herzchen, Likes auf meiner Glücksfeder-Seite bei Facebook, Kommentare und Fragen: Mir macht es großen Spaß, mich mit Euch auszutauschen und Ideen zu sammeln.




Freuen


Gut gemachte Blogs mit Tipps und Tricks, die das Leben leichter, schöner, bunter, spannender machen, lese ich selbst seit Jahren gern. Einen eigenen Blog mit - mal mehr, häufig weniger ernst gemeintem - Inhalt zu füllen, war daher ein langgehegter Traum von mir. Mein Glücksfeder-Blog gehörte zu den guten Vorsätzen fürs Jahr 2017 - der einzige, an den ich mich konsequent gehalten habe. Seitdem freue ich mich, dass ich an dieser Stelle schreiben, erzählen, mich austauschen, austoben und die Tinte hemmungslos fließen lassen kann. Ich bin jetzt nämlich Chefredakteurin, Journalistin, Fotografin und Lektorin zugleich.


Schön, dass Ihr hier seid!
Herzliche Grüße,
Sarah





                                                            
    

Dienstag, 25. Juli 2017

Eine Yoga-Kriegerin atmet, lächelt und wartet - Karma regelt das

Bauchnabel-Piercing, Nasenstecker und Tätowierung: Ich habe schon immer leidenschaftlich gern Trends ausprobiert. So entsteht mein Chia-Samen-Melonen-Agavendicksaft-Dinkelflocken-Joghurt-Frühstück derzeit in einem stylishen Smoothie-Maker, war ich neulich bei einem Auftritt von Poetry-Slammerin Julia Engelmann, habe ich vor kurzem das Buch "Wir kommen" des journalistisch-literarischen It-Girls Ronja von Rönne gelesen und mache ich täglich zwei, drei Crunches (ich hatte gehofft, das sei etwas zum Essen) nach den Anweisungen von Fitness-Bloggerin Sophia Thiel. Zudem habe ich zwischenzeitlich (genau vier Tage lang) eifrig Tofu gebraten, um mich vegan wie Attila Hildmann zu ernähren, und plötzlich alles "total nice" gefunden, was ich früher einfach nur nett fand. 





Auch Yoga hielt ich vor einigen Jahren - wie Pilates und Thai-Boxen - zunächst für einen Trend, den ich irgendwann mal ausprobieren wollte. Was mich lange davon abhielt, waren Schauspielerin Ursula Karven, die mit einschläfernder Wirkung in jedem Morgenmagazin für ihre offensichtlich extrem entspannenden Yoga-DVDs warb, und meine Füße. Beide mochte ich nicht besonders. Weil zwei Geburten, umgeben von zahlreichen Menschen, dazu beigetragen haben, dass für mich Body-Shaming kein Thema mehr ist, waren plötzlich auch meine Füße Nebensache. Und weil es zwischen Babymassage, Spielkreis sowie Ballettunterricht Zeit wurde, dass auch ich als Mama mich mal wieder eineinhalb Stunden pro Woche allein unter Erwachsenen (Ehemann nicht mitgezählt 😜)  bewegte, meldete ich mich zum Yoga an.





Meine Vorstellung: Wir Yogis sitzen mit geschlossenen Augen auf unseren Matten im Kreis, summen "Ooooommms", bewegen uns wenig und entspannen uns dabei viel. Die Realität: Wir Yogis sind über eine Stunde lang permanent in Bewegung. Wir verbiegen uns in Positionen, bei denen ich weder weiß, wie ich dort allein hineingefunden habe, noch, wie ich aus diesem Körper-Knoten jemals wieder ohne Navi oder fremde Hilfe herauskommen soll. Wir schwitzen. Stark (mit Schweißperlen). Von wegen Meditation und so: Yoga ist Sport, der nur deshalb so harmlos wirkt, weil die passenden Leggings dazu mittlerweile beim Discounter erhältlich sind - zwischen Nordic-Walking-Stöcken, Rollator und Nasendusche.





Wie all diese Anstrengungen zur Entspannung beitragen sollen, war mir in meiner ersten Yogastunde ein Rätsel. Auch heute noch, drei Jahre später, kann ich mir nicht so recht erklären, warum ich Yogastunde für Yogastunde gelassener werde und gleichzeitig Energie gewinne. Hhhhm....

  • Vielleicht ist es die Anfangsentspannung, in der wir zum Beispiel im Lotus-Sitz mit zu Kreisen geformten Daumen und Zeigefingern (= Mudra) unseren Alltag hinter uns lassen. Weg von zu Hause schiebe ich den Alltagsstress, die schmutzige Wäsche, die letzte Zalando-Rechnung: einfach all das beiseite, was mich tagsüber beschäftigt hat. 
  • Vielleicht sind es die Übungen, die sogenannten Asanas, in die wir anschließend fließend übergehen: vom Herabschauenden Hund in die Vorwärtsbeuge, von der Planke in die Kobra, von der Kuh in die Katze, Krieger I, Krieger II und wieder zurück in den Herabschauenden Hund.  Konzentriert - und zwischendurch über unsere eigenen Unzulänglichkeiten kichernd - folgen meine Freundin  und ich den Anweisungen, die uns unsere Yoga-Lehrerin mit sanfter Stimme gibt. "Schenkt Euch ein Lächeln", sagt sie unter anderem immer dann, wenn wir im "Boot" mit langem Rücken unsere Arme parallel zum Boden heben und mit kraftverzerrtem Blick unsere Zehen fixieren, die wir in Richtung Decke strecken. Zumindest das gelingt mir: Lächeln - auch wenn mir vielleicht gar nicht danach ist - gehört inzwischen zu meinen leichtesten Übungen.
  • Vielleicht ist es die Schlussentspannung, bei der wir in Savasana (= Ruheposition) mit geschlossenen Augen auf dem Rücken auf unserer Matte liegen und unseren Bewegungen in den verschiedenen Muskeln nachspüren. Wobei wir tunlichst darauf achten, nicht einzunicken und hemmungslos zu schnarchen - wie der Nachbar auf der Nebenmatte. 
  • Vermutlich ist es ist die Kombination aus Ankommen und Loslassen, mal sanften, mal kraftvollen Übungen, in denen wir unsere Stärken kennenlernen und an unseren Schwächen arbeiten, sowie der abschließenden Entspannungsphase, in der wir ausgepowert, aber zufrieden mit uns auf unseren Matten liegen: Ich glaub, das ist der Grund, warum ich Woche für Woche gern im Physio Yoga Loft auf der Matte stehe.


Die Lieblingsasana meiner Yogi-Bären: Herabschauender Hund


Von meiner Yoga-Gelassenheit, die sich nicht sofort nach einer oder zwei Einheiten, sondern mit der Zeit einstellte, profitiere ich die ganze Woche über: Weil ich in der ersten Wochenhälfte die Zuversicht habe, dass beim Yoga am Mittwochabend alles wieder gut wird. Weil ich in der zweiten Wochenhälfte nach dem Mittwochabend die Gewissheit habe, dass alles gut ist. Und weil ich zwischendurch immer wieder die Genugtuung habe, dass alles, was nicht gut ist, irgendwann das Karma regeln wird. Man muss nur milde lächeln, auf seiner Matte bleiben und warten. Auch darin übe ich mich beim Yoga. 

Entspannt Euch doch mal!😂
Namasté (= das Göttliche in mir grüßt das Göttliche in Dir),
Sarah

Dienstag, 18. Juli 2017

Ich hatte mal wieder die Pfanne heiß: Rezept für fluffige Pfannkuchen

Bei uns zu Hause gibt es keine dünnen Pfannkuchen. Es gibt dünne Crêpes und es gibt dicke Pfannkuchen. Ein dünner Pfannkuchen wäre daher ein Oxymoron, wie einst mein Germanistik-Professor erläuterte (und schon hat sich das ganze Studium gelohnt): eine Formulierung aus zwei gegensätzlichen, einander ausschließenden Begriffen - so etwas wie ein schwarzer Schimmel,  ein sandkörnerfreier Flur, bis 8 Uhr in ihren eigenen Betten schlafende Kinder und eine leere Spülmaschine. Widersprüche in sich - all das existiert bei uns nicht.




Pfannkuchen sind bei uns süß, fluffig und so dick, dass man sie nur mit einer Gabel zerreißen muss, und schon gehen sie glatt als Kaiserschmarrn durch. Nicht trocken, sondern saftig, goldbraun und nach Vanille duftend, süß, aber nicht in-die-Zähne-ziehend-süß, fast fingerdick und pfannengroß - so lieben wir unsere Lieblingsspeise, die bei uns sonntags gern mal das Mittagessen ersetzt und häufig in doppelter Menge produziert wird, um sie nachmittags auf Ausflüge oder am nächsten Tag in den Kindergarten mitzunehmen. Dazu gibt es bei uns, wenn überhaupt, Kirschen aus dem Glas. Sahne, Puderzucker, Eis oder zum Beispiel Nuss-Nougatcreme wären uns dann doch zu üppig (irgendwo hört's auf).





Kleiner Tipp: Dass unsere Eierpfannkuchen so fluffig werden, liegt vermutlich am Mineralwasser, das ich dazugebe. Hier kommt das komplette Rezept:


Pfannkuchen

(für vier Personen)

  • 4 Eier
  • 400 g Mehl (Weizen oder Dinkel, bei Dinkelmehl gebe ich einen Schuss Milch mehr dazu)
  • 400 ml Milch
  • 200 g Zucker
  • 100 ml Mineralwasser mit Kohlensäure 
  • 2 Päckchen Vanillezucker
  • 1 Prise Salz
  • Rapsöl


Du trennst die Eier und schlägst das Eiweiß schaumig. Dann gibst Du das Eigelb mit allen weiteren Zutaten in eine Schüssel und verrührst sie mit einem Handmixer oder der Küchenmaschine. Anschließend hebst Du vorsichtig den Eischnee unter. 
Jetzt erhitzt Du etwas Öl (ich nehme Rapsöl) in einer Pfanne und backst den Teig beidseitig aus - ich wende ihn jeweils zum ersten Mal immer erst dann, wenn sich kleine Bläschen auf der Oberfläche bilden.




Wenn der Pfannkuchen goldbraun (nicht schwarz) ist und ein leckerer Vanille-Duft durch die Küche zieht (nicht Rauchmelder auslösender Qualm, wie ich inzwischen weiß), ist es Zeit, ihn aus der Pfanne zu nehmen und zu genießen. So, ich hör auf. Ich hab nämlich schon wieder die Pfanne heiß 😂. 
Lasst's Euch schmecken!
Herzliche Grüße,
Sarah

Samstag, 15. Juli 2017

Empathie (oder wie das heißt): Die Kunst, echte Herzchen zu verteilen

"Mama, ich habe grad drei Wespen, einer Assel und zwei Ohrenkneifern das Leben gerettet", verkündet die Zaubermaus, während sie mit klitschnassem T-Shirt und einem Kescher in der Hand zu mir auf die Terrasse kommt. Seit eineinhalb Stunden hat sie versucht, möglichst viele zappelnde Insekten aus unserem Planschbecken zu fischen. "Nur die Hummel, die hat sich schon nicht mehr bewegt. Die ist ertrunken", sagt meine kleine Große, schiebt die Unterlippe vor und bricht auf meinem Schoß in Tränen aus. Und ich bin (mal wieder) kurz davor, gleich mit zu heulen. Weil die Hummel keine Chance mehr hatte und vermutlich eine ganze Hummelfamilie hinterlässt, weil das Leben endlich ist - und weil ich traurig bin, wenn die Mäuse ernsthaft traurig sind (gilt nicht bei Krokodilstränen).




"Ähmpatie" - so nennt man das. Dass dieses Wort falsch geschrieben ist, fällt vermutlich all jenen gar nicht weiter auf, für die Empathie sowieso immer ein Fremdwort bleiben wird. Für die, die es bisher nicht wussten und nun googeln müssten, fasse ich an dieser Stelle kurz den Wikipedia-Eintrag zusammen: Empathie ist die Fähigkeit und Bereitschaft, die Empfindungen, Gedanken, Emotionen sowie unter anderem Persönlichkeitsmerkmale eines anderen Menschen zu erkennen und zu verstehen. Dazu gehöre auch, auf die Gefühle anderer angemessen zu reagieren: sich mitzufreuen, mitzuleiden, mitzutrauern - mitzufühlen.




Das klappt bei vielen Erwachsenen schon ganz gut, wenn sie auf Facebook Videos mitleidig mit einem weinenden Smiley kommentieren, in denen sich ein Hund irgendwo in Philadelphia oder so die Pfote klemmt. Oder wenn wir - ja, auch ich - auf Instagram Herzchen für besonders schöne Outfits verteilen, weil wir uns mit den glücklichen Käufern in Saint-Tropez oder zum Beispiel Beverly Hills freuen. Das mit der Empathie funktioniert im persönlichen Kontakt mit Menschen vor der eigenen Haustür (manchmal auch dahinter) hingegen nicht immer - vor allem (obwohl das doch eigentlich selbstverständlich sein sollte) im Umgang mit Kindern.





Es gibt Kinder, die etwas zurückhaltender sind, es gibt Kinder, die voll draufzugehen. Die einen fühlen sich allein mitunter noch etwas schwach, andere fühlen sich allein schon stark - und wieder andere können nur in ihrer Gruppe stark sein. Sie alle sind schon im Kindergarten kleine Persönlichkeiten, in die wir uns mit der notwendigen Sensibilität hineinversetzen müssen, um sie zu verstehen. Dafür sollten wir uns Zeit nehmen, sie in ihrer Entwicklung beobachten, ihnen in Ruhe zuhören und bei Bedarf helfen.
Wenn wir hören, dass grad mal vier-, fünf-, und sechsjährige Knirpse von Gleichaltrigen heftig gehauen, geschubst, getreten, gewürgt oder gebissen wurden, könnten wir

a) die Betroffenen (Achtung: damit sind die gemeint, denen wehgetan wurde) trösten, in den Arm nehmen, mit ihnen etwas Schönes unternehmen,
b) die, die anderen wehgetan haben, trösten, in den Arm nehmen, mit ihnen etwas Schönes unternehmen,
c) sämtliche Vorfälle schulterzuckend ignorieren, in der Hoffnung, dass ganz schnell Gras darüber wächst und nicht noch mehr Kinder bzw. irgendwann die eigenen betroffen sein werden,
d) den Spieß umdrehen und die Schuld bei anderen suchen.

 


Man mag nicht glauben, wie viele Erwachsene selbst bei den simpelsten Einstiegsfragen - trotz Publikumsjoker - noch daneben liegen. Wikipedia liefert auch die logische Erklärung, warum die Frage, aus unserer Sicht, häufig falsch beantwortet wird: "Grundlage der Empathie ist die Selbstwahrnehmung. Je offener eine Person für ihre eigenen Emotionen ist, desto besser kann sie auch die Gefühle anderer deuten." Na, bitte.
»In keiner Weise dürfen wir uns dazu bewegen lassen, die Stimme der Menschlichkeit in uns zum Schweigen bringen zu wollen. Das Mitfühlen mit allen Geschöpfen ist es, was den Menschen erst wirklich zum Menschen macht.«                                                                                                                                           (Albert Schweitzer)
Öffnet Eure Herzen. Nehmt Euch mehr zu Herzen. Verteilt mehr Herzen: vor allem an die wirklich wichtigen Geschöpfe um Euch herum.

Heute mal besonders herzliche Grüße,
Sarah


Donnerstag, 6. Juli 2017

Ordnung im Kinderzimmer oder: Als das Chaos mal kurz Pause machte

Bunte Blumen, Gras, drei Schmetterlinge, zwei Wolken und eine Sonne mit Gesicht: Während die Zaubermaus bei ihrer Vorsorgeuntersuchung ein ganzes Panorama malte, als sie dazu mit knapp vier Jahren von der Kinderärztin aufgefordert wurde, sah das bei unserem Mäuserich exakt zwei Jahre später ganz anders aus. Konzentriert zeichnete der kleine Kerl zwei senkrechte Striche und drei waagerechte dazwischen, bevor er - recht zufrieden mit seinem Werk - den Stift beiseite legte. "Fertig." 
Ich wusste ja, dass der Mäuserich zu Hause weder viel noch gerne malt…aber das...hmm...bei einer Vorsorgeuntersuchung, die über seinen Entwicklungsstand, seine Feinmotorik und so Auskunft geben soll…hmmmmmh. „Spatz, das ist schön. Aber magst du nicht wenigstens noch eine Sonne oder so etwas dazu malen?“, flüsterte ich leise. „Okay“, sagte mein Sohn, schon fast ein wenig brüskiert, dass seine Zeichnung mit so etwas Banalem wie dem Zentrum unseres Planetensystems verunstaltet werden sollte, und setzte  noch einen Kreis mit gekritzeltem Strahlenkranz über sein Strichgebilde. 
"Was hast du denn da Schönes gemalt?", fragte die Kinderärztin. "Das ist das Regal da", sagte mein Sohn und zeigte auf das Bücherregal an der Wand - und dann sah ich es auch. Genau so hatte er es gemalt: gelb wie das Kiefernholz, die drei Regalböden im rechten Winkel zu den Seitenteilen  - "mit einer Sonne". Ich Doofi.





In ihren Auffassungen von Struktur und Ordnung könnten meine beiden Kinder unterschiedlicher nicht sein. Der Mäuserich, der von klein auf seine Autos - exakt in Reihen und noch dazu nach Farben sortiert - über unseren Wohnzimmertisch schiebt. Der mit wenigen Spielsachen spielt und sie dann anschließend auch ohne Murren wieder einräumt. Die Zaubermaus, die den Inhalt aus sämtlichen Schubladen, Gesellschaftsspielen, Puppenschränken und der Kinderküche miteinander kombiniert, in ihren Puppenwagen packt und damit zu ihrer Höhle am anderen Ende des Zimmers fährt, die sie sich aus Überdecken, Kissen und Badehandtüchern gebaut hat. Dass wir all das abends gemeinsam wieder aufräumen müssen, weil sie sonst möglicherweise nachts den Weg von ihrem Bett in unser Schlafzimmer nicht findet, schreckt die Maus nicht davor ab, am nächsten Tag damit von vorne zu beginnen.

Zum Glück gleichen sich die Mäuse aus: Der Mäuserich lässt es in seinem Anflug von Pedanterie auch gern zu, dass seine Ordnung jederzeit durch die Zaubermaus, Freunde oder uns wieder aufgehoben werden darf. Und im kreativen Spiel unserer Messi-Maus steckt jede Menge Struktur: Wenn sie "Einkaufen", "Flohmarkt", "Für den Urlaub packen" oder "Haus umbauen" spielt, herrscht in ihrem Zimmer genau das Chaos, das in diesen Situationen auch bei uns Großen zu finden ist.





Mit dem anstehenden Schulbeginn hat sich das jetzt jedoch plötzlich geändert. Die Maus hat ausgemistet. So richtig. Und ich habe ihr dabei geholfen. Elsa, die Eiskönigin, hat endlich unser Haus in Richtung Disneyland verlassen und auch alte Bilderbücher, Puzzles sowie Gesellschaftsspiele für unter Sechsjährige wandern seit ein paar Tagen auf unseren wachsenden Flohmarktstapel im Keller. Jeden Tag haben wir uns für eine halbe Stunde ein Regal oder eine Kommodenschublade vorgenommen, um gemeinsam mit der Kindergartenzeit abzuschließen und Platz zu schaffen für Neues. Wir haben:




im Kleiderschrank...

  • sämtliche Fächer feucht ausgewischt,
  • Pullover, T-Shirts, Röcke, Shorts und Hosen genau überprüft: Die Zaubermaus a.k.a. "Shopping Queen" probierte jedes Teil mit großem Spaß einzeln an. Was nicht mehr passt und noch in Ordnung ist, wird entweder verkauft oder gespendet. Zu klein gewordene Kleidung mit grober Verschmutzung oder Löchern entsorge ich bzw. gebe ich zum Beispiel - gegen einen Gutschein - bei H&M ab, wo kaputte, abgetragene und aus der Mode gekommene Kleidung nach eigenen Angaben recycelt wird. Noch passende Kleidungsstücke mit Löchern oder fehlenden Knöpfen werden geflickt, die mit Flecken werden noch ein letztes Mal mit speziellem Reiniger behandelt - sollten die Flecken dann immer noch da sein, kommen die Klamotten auf den "Nicht-schlimm-wenn's-noch-schmutziger-wird"-Stapel.
  • Beim Einsortieren habe ich erstmalig jeweils zwei Stapel gebildet: Links liegen die neueren, "unbefleckten" Pullover, Shirts, Röcke und unter anderem Hosen für Schule, wichtige Termine und Veranstaltungen, rechts daneben, auf dem "Nicht-schlimm"-Stapel, die Kleidungsstücke, die nicht mehr ganz so schön, aber immer noch tragbar sind.
  • Das gleiche Prinzip gilt für die Kleiderstange: Links hängen die neueren Jacken, Mäntel, Strickjacken, Kleider und Blusen. In der rechten Hälfte die älteren Jacken und Kleider für "zu Hause". Einziger Nachteil: Da mein Mann sich den Unterschied zwischen "schön" und "nicht schlimm, wenn's schmutzig wird" nicht merken kann, werde ich - bis wir das geübt haben - das Einsortieren allein übernehmen müssen ("rechts" und "links" klappt bei ihm zumindest schon ganz gut).
  • Auch die Kleinkind-Taschen, die sich in einer Box im Kleiderschrank befanden, haben wir aussortiert - hier bewahrt die Maus jetzt ihre Rucksäcke und Sporttaschen auf. Daneben warten die ersten Hallenturnschuhe und unter anderem Herbstschuhe, die ich im Sale bestellt habe, auf ihren Einsatz.


in der Kommode...

  • haben wir in der ersten Schublade die Kreativspiele der Zaubermaus untergebracht. In die praktischen Fächer von drei durchsichtigen Ikea-Boxen sortierten wir Stempel, Moosgummi-Klebebuchstaben, Radiergummis, Spitzer, Kreide und unter anderem Wachsmalstifte ein. Perlen zum Auffädeln oder Bügeln kamen in separate Boxen. Auch die Wasserfarben, Kinderschminke sowie Tattoobilder, "Malen-nach-Zahlen"- und unter anderem "Mandala"-Sets befinden sich dort.
  • In der zweiten und dritten Schublade liegen die Zauberkästen, Gesellschafts- und unter anderem Kartenspiele - auch hier haben wir einige aussortiert, die entweder nicht mehr vollständig waren oder auf dem Flohmarkt verkauft werden können.


im Bücherregal...

  • haben wir alle Fächer ausgewischt, nachdem wir die Bücher herausgenommen und auf drei Stapel gelegt hatten: "Behalten", "Verschenken", "Verkaufen". Einen Teil ihrer Bilderbücher hat die Zaubermaus dem Mäuserich geschenkt, die für Mädchen reicht sie ihren jüngeren Kindergarten-Freundinnen weiter. In zwei Fächern stehen ihre Märchen- beziehungsweise Vorlesebücher, in einem weiteren ihre Sach- beziehungsweise ersten Leselernbücher. 
  • In zwei Stehsammlern stecken die - noch nicht bemalten, zerfledderten oder zerschnittenen - Zeitschriften, Mal- und Stickerbücher der Zaubermaus, in einem Ringordner sammele ich ihre schönsten Basteleien (drei davon stehen bereits auf unserem Dachboden).
  • Die vier Kisten haben wir ebenfalls ausgeleert, einiges aussortiert und neu eingeräumt: die Barbiekiste, die Puppenkiste (mit dem Zubehör - die Puppenkleider bewahrt die Maus in ihrem Puppenkleiderschrank unter dem Bett auf) sowie die beiden Kisten für größere bzw. unförmige Spielsachen. Die Lego-Friends-Sammlung der Zaubermaus ist - jederzeit griffbereit - in offenen Boxen in unserem Wohnzimmer unter der Couch versteckt. Für Playmobil interessiert sie sich nicht (yiiipiieh). 
Die Spielküche und das Barbie-Haus gehören zu den Großspielzeugen, die bei uns turnusmäßig den Standort wechseln. Weil gleichzeitig für den Kaufmannsladen, das Kasperltheater, den Kinderschminktisch, Pferdestall und unter anderem die Wickelstation im Kinderzimmer kein Platz ist, befinden sich diese auf dem Dachboden und werden bei Bedarf heruntergeholt - so entdecken die Mäuse ihre Spielsachen immer wieder neu. 





Die Zaubermaus hat einen dicken, wohltuenden Haken hinter ihre vier Kindergartenjahre gemacht. Aufgeräumt startet sie nun in die Schule. Sollte unsere kleine Große ab sofort tatsächlich keine Lust mehr auf Chaos haben, werde ich in Zukunft immer mal wieder für ordentlich Unordnung sorgen. Schließlich hat die Zaubermaus - nach den Erzählungen meiner Mama - dieses "kreative Talent" von mir.
"Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können."                     - Friedrich Nietzsche -                                                                                        
Macht's Euch schön!
Herzliche Grüße,
Sarah