Freitag, 3. August 2018

Erster Schultag mit einigen Mami-Tränchen, vielen, vielen Gästen und einer Einhorn-Schultüte voll mit schönen Dingen

Rückblick: August 2017. Nennen wir ihn "Herbert" und sie "Renate". Herbert war 72, trug ein Hörgerät und konnte aufgrund seiner Hüftarthrose nicht lange sitzen. 45 Minuten wurden ihm bereits zur Qual. Seine zwei Jahre jüngere Frau Renate hatte jahrelang Grünen Star und sah trotz Augen-OP immer noch so schlecht, dass sie sich von ihrem Mann erklären lassen musste, was auf der Bühne so vor sich ging. Im Gegenzug wiederholte Renate jeden Satz des Schulleiters für ihren Mann, der nur Fetzen der Rede verstand. Warum ich all das so genau weiß, ohne auch nur ein Wort mit den beiden Senioren gewechselt zu haben? Weil sie bei der Einschulung meiner Tochter neben mir saßen und sich die ganze Zeit unüberhörbar unterhielten – auch über die Eier, die es zum Frühstück gegeben hatte, und ihre Nachbarin zwei Straßen weiter, die plötzlich verstorben war: vermutlich Darmkrebs. 

Wer von den rund 40 Kindern auf der Bühne der Sohn des Neffen von Renates Schwester war, konnten weder Herbert noch Renate eindeutig identifizieren, sie hatten den Knaben zuletzt bei seiner Taufe gesehen. Aber es hieß, dass es im Rahmen des Elterncafés – bei dem sich eigentlich die Eltern der Erstklässler untereinander kennenlernen sollten - Kaffee und Kuchen geben sollte, und das war doch mal eine willkommene Gelegenheit, die ganze Familie in der Turnhalle wiederzusehen.  





Morgens in der Kirche - die vom Platz her begrenzt war - hatten wir noch nur wenige Meter hinter der Zaubermaus gesessen, die sich hin und wieder lachend zu uns umblickte und froh war, uns in ihrer Nähe zu wissen. Die Einteilung in die Klassen anschließend in der Sporthalle hat sie auch tapfer gemeistert - soweit ich das aus unserer Entfernung erkennen konnte: Das kleine Mädchen mit dem cremefarbenen, mit Blumen bedruckten Kleid, der silbernen Schmetterlingsspange im Haar und den rosa Ballerina lächelte. Während bei mir vor Freude, Rührung, Aufregung und Stolz viele kleine Mami-Tränchen flossen.  





Wir Eltern saßen irgendwo in Reihe sieben oder acht (und hinter uns ging es noch weiter)  – vor uns zahlreiche mehr oder weniger behaarte Hinterköpfe von Urgroßeltern, Großtanten, Cousins und Cousinen in legeren Hot Pants und FlipFlops, die offensichtlich alle an diesem Vormittag frei hatten und wie Herbert und Renate nicht unbedingt zu den engsten Verwandten der Schulanfänger gehörten. 

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wie viele Menschen einem der wichtigsten Tage im Leben meines Kindes beiwohnten: 400? Bei etwa 40 Schülern war das im Schnitt ein gewaltiges Familienaufkommen pro Kind. Weil nicht genug Sitzplätze vorhanden waren, wurden zusätzliche Stühle herbeigeholt. Wir selbst waren zu sechst - inklusive Zaubermaus. Selbst, wenn all unsere Verwandten gekonnt und gewollt hätten, wären wir beim offiziellen Part unter uns geblieben.  






Ich kann nachvollziehen, dass allein durch Patchwork viele sogenannte Bonuskinder zusammenkommen. Ob man mitunter aber mehr als ein Dutzend Menschen - auch Freunde oder Nachbarn - zur offiziellen Einschulungsfeier in der Schule mitnehmen muss, wage ich zu bezweifeln. Schließlich gibt es Esszimmer, Restaurants, Gärten und Parks, in denen man sich nach dem offiziellen Teil treffen kann, um bei Würstchen oder Pizza gemütlich zu feiern. Die ganze Familie. Selbst für den Postboten wäre da noch Platz. Ist doch eh viel lockerer. Selbst wenn das eigene Kind vielleicht ein Entertainer sein mag, dem es nichts ausmacht, sich auf einer Bühne vor Scharen von Menschen zu präsentieren, gibt es auch Kinder, denen das vielleicht nicht unbedingt leicht fällt. Zumal die Aufregung bereits Wochen vorher besonders groß ist. Ihnen, den kleinen Mittelpünktchen an diesem Tag, sollte man es recht und schön machen. Herbert und Renate sind schließlich schon groß. 

Vor dem Hintergrund des zunehmenden, familiären Massentourismus bei Kita-Jubiläen, Schulwettkämpfen und Chorauftritten ist es nicht weiter verwunderlich, dass eine Musikschule radikale Maßnahmen ergriff und den Zugang zum Jahreskonzert auf maximal eine Begleitperson pro Kind beschränkte. Mein Sohn musste sich dann entscheiden, ob ihm Mama oder Papa zuhören durfte:   Einer von uns sollte draußen bleiben und seine Schwester sowieso. Toll fanden wir dieses andere Extrem auch nicht. Eine vernünftige Lösung liegt nämlich mit Sicherheit irgendwo in der Mitte.    





Fast ein Jahr ist es also her, dass meine Zaubermaus zum ersten Mal ihre Schule betrat. Mit einer Schultüte, die fast so groß war wie sie selbst, stand sie anschließend auf dem Schulhof. In ihren Lieblingsfarben: Pink und Türkis mit kleinen Sternchen. Darauf ihr Name in weißen, schwungvollen Buchstaben – darunter ein ebenso weißes Einhorn und zwei Sterne, die sorgfältig von Hand aufgenäht worden waren. Nicht von mir: Da ich weder backen noch basteln kann, wie ich an dieser Stelle schon einige Male erwähnte (meine lieben Leser wissen das bereits, die anderen kläre ich gern an anderer Stelle noch einmal auf ;-)), und die Zaubermaus ihren großen Tag noch lange in guter Erinnerung behalten soll, habe ich ihr über DaWanda eine zauberhafte, individualisierte Schultüte aus Stoff bestellt, mit der wir sie am Morgen ihrer Einschulung überraschten. Sie selbst zu nähen, habe ich mich als Anfängerin nicht getraut.

Den Ranzen hatte sie sich bereits im Winter, als die neuen Modelle erhältlich waren, mit passendem Federmäppchen und zugehöriger Sporttasche selbst ausgesucht. Das Set spendierte ihr meine Familie. Auch der Mäuserich bekam eine kleine Schultüte mit Süßigkeiten und ein Buch. 


Wir schenkten der Maus einen Schreibtisch, der früher unserem Nachbarn gehört hatte, und den wir weiß gestrichen haben. Und eine Schultüte voll mit schönen Dingen rund ums Thema Schule mit: 
  • einem Wecker,
  • einem Schutzengel-Reflektor,
  • einem Herz-Anhänger für den Schulranzen, der auf Knopfdruck blinkt,
  • einer Brotdose,
  • einem kleinen Kuschelschaf,
  • dem Buch „Der Ernst des Lebens“,
  • dem Spiel „ABC Zauberduell“ von Haba,
  • zwei Buntstiften in Leuchtfarben,
  • einem kleinen Rechenschieber
  • sowie ganz viel Knabber- und Schnuckzeug, das es stets pünktlich zum Schulbeginn in vielen Märkten in ABC-Form gibt.
Meine Freundinnen steckten zum Beispiel eine Trinkflasche, eine Armbanduhr, das Buch „Die Geschichte von Bleistift, Radiergummi und Spitzer“, Radiergummis, Spitzer, Lineal, ein Namens-T-Shirt, einen Schirm oder einen wiederbeschreibbaren Stundenplan in die Schultüten ihrer Kinder.





Nach der Einschulungsfeier aßen wir gemeinsam Pizza in unserem Lieblingsrestaurant und verbrachten schließlich den Nachmittag spielend im Garten. Keine Feier wie zur Kommunion oder Konfirmation, kein Catering, kein Nobel-Italiener, kein Designer-Kleidchen, kein Tablet in der Schultüte, dafür ein Kuchen in Form einer Schultüte. So wie der erste Schultag unserer Zaubermaus war, soll sie ihn in Erinnerung behalten: als einen schlichten, schönen Start in einen neuen Lebensabschnitt. Für uns als kleine Familie. Vor allem aber für unsere Tochter.




Macht's Euch und vor allem Euren Kindern schön,
herzliche Grüße,
Sarah      

Die Namen der von mir beschriebenen Personen sind frei erfunden (sie lauteten in Wahrheit Helmut und Mechthild. Helmut hatte in Echt keine Hüft-, sondern Kniearthrose, Mechthild nicht Grünen, sondern Grauen Star. Auch war Helmut 73 und Mechthild 69. Zudem hatten sie keine Eier, sondern Leberwurst gefrühstückt und die verstorbene Nachbarin war nicht tot, sondern lebt jetzt in einem Heim. Der Junge auf der Bühne war nicht der Sohn des Neffen von Renates Schwester, sondern der Sohn der Nichte des Bruders von Renate - aber das wussten selbst Helmut und Mechthild nicht so genau). Also alles schön brav zum Schutz der noch lebenden Personen geändert. Die Zaubermaus heißt jedoch auch in Wirklichkeit die Zaubermaus - ihren Namen habe ich aus Gründen der Authentizität nicht verfremdet. :-) Achtung: Ich übertreibe. Wieder mal. 
Die Namen und Marken der Produkte, die ich im Zusammenhang mit der Schultüte unentgeltlich nenne und zeige, gibt es jedoch wirklich. Meine Freundinnen und ich haben diese Produkte selbst komplett aus eigener Überzeugung frei ausgewählt und wie immer selbst bezahlt (Werbung - da Markennennung selbstbezahlter Produkte - ohne Auftrag).

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