Samstag, 2. Dezember 2017

Hereinspaziert, Ihr kleinen Wichtel! Ihr werdet gebraucht!

Hiermit bedanke ich mich herzlich bei den Eltern von - hmm, nennen wir ihn - Tom, die in diesem Jahr beschlossen haben, Schluss zu machen mit all den jahrelangen Heimlichkeiten, Mauscheleien und perfiden Lügenkonstrukten, zu denen sie sich in den vergangenen Jahren gezwungen sahen. "Es gibt keinen Weihnachtsmann", haben sie ihrem sechs Jahre alten Sohn konsequent erklärt, der diese Behauptung seit einigen Wochen stoisch auf dem Schulhof wiederholt.




Nicht aus religiösen Gründen, nicht, weil Tom sie in flagranti im Spielzeugladen ertappt hat: Den Eltern von Tom - hmmm, nennen wir sie Susi und Klaus - war es  schlichtweg zu anstrengend, weiterhin unter größtmöglicher Ablenkung kommodengroße Pakete an ihrem Kind vorbei in den Keller zu schmuggeln. Sie sahen es nicht mehr ein, ab Mitte Oktober auf mehrere Quadratmeter ihrer Wohnfläche zu verzichten, weil hinter den verschlossenen Türen Barbie-Traumhäuser, Puppentheater und Kaufmannsläden aufbewahrt werden. Sie hatten keine Lust mehr, ihrem Sohn all die Fragen zu beantworten, die Erstklässler nun mal - gern immer und immer wieder - stellen: "Mama, warum ist die Kellertür abgeschlossen?", "Papa, warum hat der Weihnachtsmann gestern bei der Bescherung bei uns einen dicken Bauch und heute bei Oma plötzlich keinen mehr?", "Mama, warum klingt die Stimme des Weihnachtsmannes so wie die von Onkel Mathias?", "Und warum geht Onkel Mathias genau immer dann so lange auf Toilette, wenn der Weihnachtsmann kommt?". 

Also: Weg mit dem Weihnachtsmann, her mit der gähnend langweiligen Transparenz. Schon in der ersten Klasse bereiten Susi und Klaus ihren Sohn auf die nüchterne Welt der Erwachsenen vor - die selbst uns Erwachsenen manchmal etwas zu nüchtern erscheint.




Seitdem der kleine Grinch in der Schule meiner Tochter sein Unwesen treibt, rüste ich konsequent auf. Ich schmücke alles und jeden in Haus und Garten. Ich lese meinen Kindern noch mehr Weihnachtsgeschichten vor, die unsere "Und-den-Weihnachtsmann-gibt-es-doch-These" untermauern. Ich lasse die Pakete zu unseren Nachbarn liefern, bewahre die fertig verpackten Geschenke an unterschiedlichen Orten im ganzen Haus auf und bin konzentriert bei der Sache, wenn ich den Mäusen ihre Wieso?-Weshalb?-Warum?-Fragen rund um Weihnachten beantworte, damit mein Mann und ich ihnen einheitliche Versionen präsentieren. Auch personell habe ich aufgestockt: Tom und seine Eltern sind zu dritt. Ich habe uns die Wichtel ins Haus geholt. Und das sind viel mehr.




Seit der Nacht zum 1. Dezember befindet sich an einer Wand inmitten unseres Wohnzimmers eine Wichteltür (pssst, ich schreibe es ganz leise: Es gibt sie in verschiedenen Varianten im Internet, man kann sie aber mit etwas Geschick und Pappe oder Sperrholz auch ganz leicht selbst basteln). Zum ersten Mal entdeckt habe ich sie auf dem absolut lesenswerten Blog MamaWahnsinnHochDrei. Ich war sofort entzückt. Etwa handtellergroß mit winzig kleinem Türgriff und passendem Sprossenfenster haben "die Wichtel" sie nachts über der Sockelleiste installiert. Sogar ihre eigene Zwergtanne haben sie mitgebracht. "Papa und ich haben uns schon gewundert, wer da nachts so gehämmert und gesägt hat. Jetzt wissen wir es: die Wichtel!", erzählte ich morgens den Mäusen, die fasziniert mit leuchtenden Augen vor der Tür lagen und versuchten, durch das Fenster zu spähen.





Seitdem gehen die Wichtel, die den extrem beschäftigten Weihnachtsmann in diesen hektischen Wochen so tatkräftig unterstützen, bei uns ein und aus. Nachts, wenn die Mäuse schlafen, werden die kleinen Helferlein aktiv, tagsüber bleibt ihre Tür verschlossen - da hilft leider auch kein Rütteln. Sie haben unter anderem den Adventskalender mitgebracht und sind auch sonst immer wieder als Vermittler zwischen uns und dem Weihnachtsmann unterwegs. So teilen sie ihm zum Beispiel mit, wenn die Mäuse noch Ergänzungen zu ihrem Wunschzettel haben, die sie in kleinen Briefen vor die Tür legen. Häufig kommt sogar ein Brief zurück. Überhaupt helfen sie uns Eltern, wenn wir in Erklärungs- oder Erziehungsnot geraten. "Das waren die Wichtel", "das machen die Wichtel", "wenn du weiterhin dieses Schimpfwort sagst, hören das die Wichtel."




Die kleine "Feentür", so eine der offiziellen Bezeichnungen, wird in Zukunft auch von der Zahnfee benutzt, die bislang "irgendwie" durchs geschlossene Fenster zu uns kam. Im Frühling wird der Osterhase durch die kleine Pforte unser Haus betreten. Und überhaupt: Fest verschlossen wird sie das ganze Jahr über dafür sorgen, dass möglichst viel Zauber in unserem Haus bleibt und möglichst wenig abgeklärte Nüchternheit von draußen hereinkommt.




Schade, dass die Eltern von Tom offensichtlich nicht wussten, dass es diese Feentüren gibt, die relativ unkompliziert und günstig erhältlich sind (in diesem Fall kommt dieser Beitrag zu spät). Eine Wichteltür hätte den Moment der Wahrheit für Tom sicherlich um einiges verzögert - und somit die Zeit der weihnachtlichen Heimlichkeiten, mit denen wir die Augen unserer Kinder zum Leuchten bringen und ihre Kindheitserinnerungen prägen, noch ein wenig verlängert. Für Euch aber gilt: Öffnet Eure Türchen und lasst den Zauber in Euer Haus!

Herzliche Grüße,
Sarah

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