Sonntag, 14. Mai 2017

Zum Selbertragen: eine doppelte Portion Verantwortung

Neulich in unserem „Lieblingsrestaurant-seitdem-wir-Kinder-haben“, das sich von unserem „Lieblingsrestaurant-bevor-wir-Kinder-hatten“ darin unterscheidet, dass die Speisen vor den staunenden Augen der Mäuse ohne langwierige Wartezeit zubereitet werden, dass man sich die Gerichte selbst an den Tisch holt, dass die Kinderpizza Hasenohren hat, und dass man dann jederzeit umgehend aufstehen, an der Kasse bezahlen und gehen kann, wenn man genug von den Kindern hat – gegessen hat, was in der Regel nach maximal 20 Minuten der Fall ist.




Also, neulich in unserem Lieblingsrestaurant fragte der Mäuserich seinen Papa, der vier Flaschen Apfelschorle, Besteck und vier Teller Pasta auf einem Tablett balancierte, was er denn tragen könne. „Du trägst die Verantwortung“, scherzte mein Mann und bahnte sich den Weg vorbei an den zahlreichen weiteren Eltern, die das Restaurant offensichtlich ebenfalls zu ihrem „Lieblingsrestaurant-seitdem-wir-Kinder-haben“ erklärt haben. Als er merkte, dass ihm der Mäuserich nicht folgte, drehte mein Mann sich um. „Spatz, warum kommst du nicht hinterher?“, fragte er ihn. Da sagte der Mäuserich mit dem vollen Pflichtgefühl eines Vierjährigen: „Ich warte noch auf die Verantwortung.“




Tja, das mit der Verantwortung, das ist nicht unbedingt jedermanns Sache. Noch - "und so lange sie die Füße unter unseren Tisch stecken" (klingt so herrlich antiquiert) - tragen wir sie für die Mäuse. "Keine Widerrede!" (hab ich auch schon lange nicht mehr gehört). Wenn der Mäuserich auf dem Spielplatz absichtlich mit Sand wirft oder im Vorgarten unserer Nachbarin versehentlich ein Terracotta-Huhn köpft, könnten wir als Eltern mit den Schultern zucken und sagen, dass das doch alles nur ein Spiel gewesen sei. Wir können aber auch unsere Kinder an die Hand nehmen und uns gemeinsam bei den anderen Kindern sowie der Nachbarin dafür entschuldigen, dass sie Tränen, Ärger oder mögliche Kosten verursacht haben. Mal greifen wir dafür zum Telefonhörer, meistens fahren wir persönlich vorbei, immer jedoch male ich mit den Mäusen ein Bild oder wir basteln etwas. Und wir Erwachsenen suchen stets das Gespräch mit den anderen Eltern: Schließlich sitzen wir früher oder später alle mal im selben Boot.

Das ist nicht immer schön, das macht nicht immer Spaß - und das ist vor allem schon lange nicht mehr selbstverständlich: Wir brechen uns jedoch keinen hoheitlichen Zacken aus unserer Prinzessinnenkrone, wenn wir Anderen aufrichtig sagen, dass uns etwas leidtut. Ganz im Gegenteil. Wir zeigen den Mäusen, die in erster Linie durch Nachahmung lernen, wie um Entschuldigung bitten geht. Bis sie irgendwann von allein wissen, wie sie blöde Situationen wiedergutmachen, sodass abends alle Beteiligten besser einschlafen können. Um Kindern so etwas wie Mitgefühl und Respekt anderen Menschen gegenüber zu vermitteln, benötigen wir kein jahrelanges Sozialpädagogik-Studium, sondern lediglich etwas Anstand.




Denn das betrachten wir - neben Windeln wechseln, Kindern die Zähne zu putzen, jeden Abend eine Geschichte vorzulesen, ihnen zuzuhören, möglichst viel Liebe zu geben und zum Beispiel das Fahrradfahren beizubringen - als eine unserer wichtigsten Aufgaben als Mama und Papa: Wir wollen unsere Kinder zu möglichst zufriedenen Menschen erziehen, die ihren Mitmenschen später Freude bereiten. Und ganz wichtig: die uns Eltern hin und wieder mal in unser Lieblingsrestaurant zum Essen einladen. 

"All Things Grow With Love. The Flowers Of Tomorrow Are The Seeds Of Today." 

Macht's Euch ausnahmsweise mal nicht so leicht!
Herzliche Grüße,
Sarah

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