Donnerstag, 6. Juli 2017

Ordnung im Kinderzimmer oder: Als das Chaos mal kurz Pause machte

Bunte Blumen, Gras, drei Schmetterlinge, zwei Wolken und eine Sonne mit Gesicht: Während die Zaubermaus bei ihrer Vorsorgeuntersuchung ein ganzes Panorama malte, als sie dazu mit knapp vier Jahren von der Kinderärztin aufgefordert wurde, sah das bei unserem Mäuserich exakt zwei Jahre später ganz anders aus. Konzentriert zeichnete der kleine Kerl zwei senkrechte Striche und drei waagerechte dazwischen, bevor er - recht zufrieden mit seinem Werk - den Stift beiseite legte. "Fertig." 
Ich wusste ja, dass der Mäuserich zu Hause weder viel noch gerne malt…aber das...hmm...bei einer Vorsorgeuntersuchung, die über seinen Entwicklungsstand, seine Feinmotorik und so Auskunft geben soll…hmmmmmh. „Spatz, das ist schön. Aber magst du nicht wenigstens noch eine Sonne oder so etwas dazu malen?“, flüsterte ich leise. „Okay“, sagte mein Sohn, schon fast ein wenig brüskiert, dass seine Zeichnung mit so etwas Banalem wie dem Zentrum unseres Planetensystems verunstaltet werden sollte, und setzte  noch einen Kreis mit gekritzeltem Strahlenkranz über sein Strichgebilde. 
"Was hast du denn da Schönes gemalt?", fragte die Kinderärztin. "Das ist das Regal da", sagte mein Sohn und zeigte auf das Bücherregal an der Wand - und dann sah ich es auch. Genau so hatte er es gemalt: gelb wie das Kiefernholz, die drei Regalböden im rechten Winkel zu den Seitenteilen  - "mit einer Sonne". Ich Doofi.





In ihren Auffassungen von Struktur und Ordnung könnten meine beiden Kinder unterschiedlicher nicht sein. Der Mäuserich, der von klein auf seine Autos - exakt in Reihen und noch dazu nach Farben sortiert - über unseren Wohnzimmertisch schiebt. Der mit wenigen Spielsachen spielt und sie dann anschließend auch ohne Murren wieder einräumt. Die Zaubermaus, die den Inhalt aus sämtlichen Schubladen, Gesellschaftsspielen, Puppenschränken und der Kinderküche miteinander kombiniert, in ihren Puppenwagen packt und damit zu ihrer Höhle am anderen Ende des Zimmers fährt, die sie sich aus Überdecken, Kissen und Badehandtüchern gebaut hat. Dass wir all das abends gemeinsam wieder aufräumen müssen, weil sie sonst möglicherweise nachts den Weg von ihrem Bett in unser Schlafzimmer nicht findet, schreckt die Maus nicht davor ab, am nächsten Tag damit von vorne zu beginnen.

Zum Glück gleichen sich die Mäuse aus: Der Mäuserich lässt es in seinem Anflug von Pedanterie auch gern zu, dass seine Ordnung jederzeit durch die Zaubermaus, Freunde oder uns wieder aufgehoben werden darf. Und im kreativen Spiel unserer Messi-Maus steckt jede Menge Struktur: Wenn sie "Einkaufen", "Flohmarkt", "Für den Urlaub packen" oder "Haus umbauen" spielt, herrscht in ihrem Zimmer genau das Chaos, das in diesen Situationen auch bei uns Großen zu finden ist.





Mit dem anstehenden Schulbeginn hat sich das jetzt jedoch plötzlich geändert. Die Maus hat ausgemistet. So richtig. Und ich habe ihr dabei geholfen. Elsa, die Eiskönigin, hat endlich unser Haus in Richtung Disneyland verlassen und auch alte Bilderbücher, Puzzles sowie Gesellschaftsspiele für unter Sechsjährige wandern seit ein paar Tagen auf unseren wachsenden Flohmarktstapel im Keller. Jeden Tag haben wir uns für eine halbe Stunde ein Regal oder eine Kommodenschublade vorgenommen, um gemeinsam mit der Kindergartenzeit abzuschließen und Platz zu schaffen für Neues. Wir haben:




im Kleiderschrank...

  • sämtliche Fächer feucht ausgewischt,
  • Pullover, T-Shirts, Röcke, Shorts und Hosen genau überprüft: Die Zaubermaus a.k.a. "Shopping Queen" probierte jedes Teil mit großem Spaß einzeln an. Was nicht mehr passt und noch in Ordnung ist, wird entweder verkauft oder gespendet. Zu klein gewordene Kleidung mit grober Verschmutzung oder Löchern entsorge ich bzw. gebe ich zum Beispiel - gegen einen Gutschein - bei H&M ab, wo kaputte, abgetragene und aus der Mode gekommene Kleidung nach eigenen Angaben recycelt wird. Noch passende Kleidungsstücke mit Löchern oder fehlenden Knöpfen werden geflickt, die mit Flecken werden noch ein letztes Mal mit speziellem Reiniger behandelt - sollten die Flecken dann immer noch da sein, kommen die Klamotten auf den "Nicht-schlimm-wenn's-noch-schmutziger-wird"-Stapel.
  • Beim Einsortieren habe ich erstmalig jeweils zwei Stapel gebildet: Links liegen die neueren, "unbefleckten" Pullover, Shirts, Röcke und unter anderem Hosen für Schule, wichtige Termine und Veranstaltungen, rechts daneben, auf dem "Nicht-schlimm"-Stapel, die Kleidungsstücke, die nicht mehr ganz so schön, aber immer noch tragbar sind.
  • Das gleiche Prinzip gilt für die Kleiderstange: Links hängen die neueren Jacken, Mäntel, Strickjacken, Kleider und Blusen. In der rechten Hälfte die älteren Jacken und Kleider für "zu Hause". Einziger Nachteil: Da mein Mann sich den Unterschied zwischen "schön" und "nicht schlimm, wenn's schmutzig wird" nicht merken kann, werde ich - bis wir das geübt haben - das Einsortieren allein übernehmen müssen ("rechts" und "links" klappt bei ihm zumindest schon ganz gut).
  • Auch die Kleinkind-Taschen, die sich in einer Box im Kleiderschrank befanden, haben wir aussortiert - hier bewahrt die Maus jetzt ihre Rucksäcke und Sporttaschen auf. Daneben warten die ersten Hallenturnschuhe und unter anderem Herbstschuhe, die ich im Sale bestellt habe, auf ihren Einsatz.


in der Kommode...

  • haben wir in der ersten Schublade die Kreativspiele der Zaubermaus untergebracht. In die praktischen Fächer von drei durchsichtigen Ikea-Boxen sortierten wir Stempel, Moosgummi-Klebebuchstaben, Radiergummis, Spitzer, Kreide und unter anderem Wachsmalstifte ein. Perlen zum Auffädeln oder Bügeln kamen in separate Boxen. Auch die Wasserfarben, Kinderschminke sowie Tattoobilder, "Malen-nach-Zahlen"- und unter anderem "Mandala"-Sets befinden sich dort.
  • In der zweiten und dritten Schublade liegen die Zauberkästen, Gesellschafts- und unter anderem Kartenspiele - auch hier haben wir einige aussortiert, die entweder nicht mehr vollständig waren oder auf dem Flohmarkt verkauft werden können.


im Bücherregal...

  • haben wir alle Fächer ausgewischt, nachdem wir die Bücher herausgenommen und auf drei Stapel gelegt hatten: "Behalten", "Verschenken", "Verkaufen". Einen Teil ihrer Bilderbücher hat die Zaubermaus dem Mäuserich geschenkt, die für Mädchen reicht sie ihren jüngeren Kindergarten-Freundinnen weiter. In zwei Fächern stehen ihre Märchen- beziehungsweise Vorlesebücher, in einem weiteren ihre Sach- beziehungsweise ersten Leselernbücher. 
  • In zwei Stehsammlern stecken die - noch nicht bemalten, zerfledderten oder zerschnittenen - Zeitschriften, Mal- und Stickerbücher der Zaubermaus, in einem Ringordner sammele ich ihre schönsten Basteleien (drei davon stehen bereits auf unserem Dachboden).
  • Die vier Kisten haben wir ebenfalls ausgeleert, einiges aussortiert und neu eingeräumt: die Barbiekiste, die Puppenkiste (mit dem Zubehör - die Puppenkleider bewahrt die Maus in ihrem Puppenkleiderschrank unter dem Bett auf) sowie die beiden Kisten für größere bzw. unförmige Spielsachen. Die Lego-Friends-Sammlung der Zaubermaus ist - jederzeit griffbereit - in offenen Boxen in unserem Wohnzimmer unter der Couch versteckt. Für Playmobil interessiert sie sich nicht (yiiipiieh). 
Die Spielküche und das Barbie-Haus gehören zu den Großspielzeugen, die bei uns turnusmäßig den Standort wechseln. Weil gleichzeitig für den Kaufmannsladen, das Kasperltheater, den Kinderschminktisch, Pferdestall und unter anderem die Wickelstation im Kinderzimmer kein Platz ist, befinden sich diese auf dem Dachboden und werden bei Bedarf heruntergeholt - so entdecken die Mäuse ihre Spielsachen immer wieder neu. 





Die Zaubermaus hat einen dicken, wohltuenden Haken hinter ihre vier Kindergartenjahre gemacht. Aufgeräumt startet sie nun in die Schule. Sollte unsere kleine Große ab sofort tatsächlich keine Lust mehr auf Chaos haben, werde ich in Zukunft immer mal wieder für ordentlich Unordnung sorgen. Schließlich hat die Zaubermaus - nach den Erzählungen meiner Mama - dieses "kreative Talent" von mir.
"Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können."                     - Friedrich Nietzsche -                                                                                        
Macht's Euch schön!
Herzliche Grüße,
Sarah


2 Kommentare:

  1. Ich musste herzlich lachen bei der Pointe mit dem Regal und der Sonne. Ja ja, die Muttis...wissen immer alles besser. ;) Sehr schöne Geschichte! Meine kleine ist inzwischen 9 Jahre alt, man, wie die Zeit vergeht. Sist ist so unglaublich ordentlich, dass es schon fast beängstigend ist. Ihr Zimmer ist nur mit stink normalen Regalen ohne Türen und Wände eingerichtet. Sie mag es, wenn sie alles sieht und legt eh alles so peinlich genau und ordentlich zurück, dass es immer ordentlich aussieht. Selbst die Kleiderstange hängt einfach offen zwischen zwei dieser Regale. Sie will es unbedingt so. Ich bin sehr gespannt ob sie für immer so ordentlich bleibt. :D

    Anita

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  2. Hallo liebe Anita, das freut mich sehr, dass Du herzlich lachen musstest 😊. So ist es: Ja, ja, die Muttis...😂 Der Mäuserich ist offensichtlich ähnlich ordentlich wie Deine Tochter - er ist ganz stolz, dass er jetzt zwei Socken zu einem Paar einrollen und in die Schublade legen kann. Und auch sonst freut er sich riesig, wenn er mit uns Wäsche zusammenlegen kann - ganz penibel, versteht sich 😜Da bin ich auch gespannt, wie sich die Mäuse so entwickeln - und ob bei meiner Messi-Maus noch Hoffnung besteht 😂😂😂. Im Ernst: Seit sie zur Schule geht, hat sich unser Chaos-„Problem“ deutlich gebessert. Vielen Dank für Deinen erfrischenden Kommentar.

    Ich freue mich über jeden Austausch! Hab einen entspannten Start in die Woche!

    Herzliche Grüße,
    Sarah

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