Dienstag, 25. Juli 2017

Eine Yoga-Kriegerin atmet, lächelt und wartet - Karma regelt das

Bauchnabel-Piercing, Nasenstecker und Tätowierung: Ich habe schon immer leidenschaftlich gern Trends ausprobiert. So entsteht mein Chia-Samen-Melonen-Agavendicksaft-Dinkelflocken-Joghurt-Frühstück derzeit in einem stylishen Smoothie-Maker, war ich neulich bei einem Auftritt von Poetry-Slammerin Julia Engelmann, habe ich vor kurzem das Buch "Wir kommen" des journalistisch-literarischen It-Girls Ronja von Rönne gelesen und mache ich täglich zwei, drei Crunches (ich hatte gehofft, das sei etwas zum Essen) nach den Anweisungen von Fitness-Bloggerin Sophia Thiel. Zudem habe ich zwischenzeitlich (genau vier Tage lang) eifrig Tofu gebraten, um mich vegan wie Attila Hildmann zu ernähren, und plötzlich alles "total nice" gefunden, was ich früher einfach nur nett fand. 





Auch Yoga hielt ich vor einigen Jahren - wie Pilates und Thai-Boxen - zunächst für einen Trend, den ich irgendwann mal ausprobieren wollte. Was mich lange davon abhielt, waren Schauspielerin Ursula Karven, die mit einschläfernder Wirkung in jedem Morgenmagazin für ihre offensichtlich extrem entspannenden Yoga-DVDs warb, und meine Füße. Beide mochte ich nicht besonders. Weil zwei Geburten, umgeben von zahlreichen Menschen, dazu beigetragen haben, dass für mich Body-Shaming kein Thema mehr ist, waren plötzlich auch meine Füße Nebensache. Und weil es zwischen Babymassage, Spielkreis sowie Ballettunterricht Zeit wurde, dass auch ich als Mama mich mal wieder eineinhalb Stunden pro Woche allein unter Erwachsenen (Ehemann nicht mitgezählt 😜)  bewegte, meldete ich mich zum Yoga an.





Meine Vorstellung: Wir Yogis sitzen mit geschlossenen Augen auf unseren Matten im Kreis, summen "Ooooommms", bewegen uns wenig und entspannen uns dabei viel. Die Realität: Wir Yogis sind über eine Stunde lang permanent in Bewegung. Wir verbiegen uns in Positionen, bei denen ich weder weiß, wie ich dort allein hineingefunden habe, noch, wie ich aus diesem Körper-Knoten jemals wieder ohne Navi oder fremde Hilfe herauskommen soll. Wir schwitzen. Stark (mit Schweißperlen). Von wegen Meditation und so: Yoga ist Sport, der nur deshalb so harmlos wirkt, weil die passenden Leggings dazu mittlerweile beim Discounter erhältlich sind - zwischen Nordic-Walking-Stöcken, Rollator und Nasendusche.





Wie all diese Anstrengungen zur Entspannung beitragen sollen, war mir in meiner ersten Yogastunde ein Rätsel. Auch heute noch, drei Jahre später, kann ich mir nicht so recht erklären, warum ich Yogastunde für Yogastunde gelassener werde und gleichzeitig Energie gewinne. Hhhhm....

  • Vielleicht ist es die Anfangsentspannung, in der wir zum Beispiel im Lotus-Sitz mit zu Kreisen geformten Daumen und Zeigefingern (= Mudra) unseren Alltag hinter uns lassen. Weg von zu Hause schiebe ich den Alltagsstress, die schmutzige Wäsche, die letzte Zalando-Rechnung: einfach all das beiseite, was mich tagsüber beschäftigt hat. 
  • Vielleicht sind es die Übungen, die sogenannten Asanas, in die wir anschließend fließend übergehen: vom Herabschauenden Hund in die Vorwärtsbeuge, von der Planke in die Kobra, von der Kuh in die Katze, Krieger I, Krieger II und wieder zurück in den Herabschauenden Hund.  Konzentriert - und zwischendurch über unsere eigenen Unzulänglichkeiten kichernd - folgen meine Freundin  und ich den Anweisungen, die uns unsere Yoga-Lehrerin mit sanfter Stimme gibt. "Schenkt Euch ein Lächeln", sagt sie unter anderem immer dann, wenn wir im "Boot" mit langem Rücken unsere Arme parallel zum Boden heben und mit kraftverzerrtem Blick unsere Zehen fixieren, die wir in Richtung Decke strecken. Zumindest das gelingt mir: Lächeln - auch wenn mir vielleicht gar nicht danach ist - gehört inzwischen zu meinen leichtesten Übungen.
  • Vielleicht ist es die Schlussentspannung, bei der wir in Savasana (= Ruheposition) mit geschlossenen Augen auf dem Rücken auf unserer Matte liegen und unseren Bewegungen in den verschiedenen Muskeln nachspüren. Wobei wir tunlichst darauf achten, nicht einzunicken und hemmungslos zu schnarchen - wie der Nachbar auf der Nebenmatte. 
  • Vermutlich ist es ist die Kombination aus Ankommen und Loslassen, mal sanften, mal kraftvollen Übungen, in denen wir unsere Stärken kennenlernen und an unseren Schwächen arbeiten, sowie der abschließenden Entspannungsphase, in der wir ausgepowert, aber zufrieden mit uns auf unseren Matten liegen: Ich glaub, das ist der Grund, warum ich Woche für Woche gern im Physio Yoga Loft auf der Matte stehe.


Die Lieblingsasana meiner Yogi-Bären: Herabschauender Hund


Von meiner Yoga-Gelassenheit, die sich nicht sofort nach einer oder zwei Einheiten, sondern mit der Zeit einstellte, profitiere ich die ganze Woche über: Weil ich in der ersten Wochenhälfte die Zuversicht habe, dass beim Yoga am Mittwochabend alles wieder gut wird. Weil ich in der zweiten Wochenhälfte nach dem Mittwochabend die Gewissheit habe, dass alles gut ist. Und weil ich zwischendurch immer wieder die Genugtuung habe, dass alles, was nicht gut ist, irgendwann das Karma regeln wird. Man muss nur milde lächeln, auf seiner Matte bleiben und warten. Auch darin übe ich mich beim Yoga. 

Entspannt Euch doch mal!😂
Namasté (= das Göttliche in mir grüßt das Göttliche in Dir),
Sarah

2 Kommentare:

  1. Hey Sarah!
    Ein toller Beitrag zum Yoga-Thema. Wir, also die Kinder und ich haben längere Zeit jeden Morgen Glücksyoga gemacht. Das war so schön. Mittlerweile machen wir das nicht mehr und irgendwann werde ich wieder zum Yoga finden.

    Liebe Grüße.

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  2. Hallo Sandra!
    Dankeschön! Es freut mich sehr, dass Dir der Beitrag gefallen hat. Für Kinder finde ich Yoga auch super! Glücksyoga - das kannte ich bisher noch nicht, klingt aber toll! Ja, das mit dem Yoga ist doch ein guter Vorsatz - ich glaub, wem es einmal gutgetan hat, der wird auch in Zukunft viel Freude daran finden. Hab ein schönes Wochenende! Herzliche Grüße, Sarah

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