Donnerstag, 25. Oktober 2018

Jedes Kind lernt in seinem eigenen Tempo. Wozu der Vergleich?

Was macht der kleine Mann da bloß? Als der Mäuserich vor mehr als einem Jahr morgens im Flur auf dem Boden hockte und mit hochkonzentriertem Blick an seinen Schuhen herumfriemelte, habe ich mich zunächst sehr gewundert. Neben ihm saß die Zaubermaus, die leise Anweisungen gab, immer mal wieder genervt seufzte, den Kopf schüttelte und sich dann selbst an dem Fuß ihres Bruders zu schaffen machte. Nach etwa einer halben Stunde präsentierten die beiden Mäuse stolz das Ergebnis ihrer Zusammenarbeit: Mit Daumen- und Zeigefinger seiner kleinen, kräftigen Patschehand formte der Mäuserich aus dem einen Schnürsenkel ein Öhrchen, führte den anderen Schuhriemen einmal drumherum, dann drunter durch, erhielt ein zweites Öhrchen, zog beide auseinander, die Schleife fest - und strahlte dann bis über seine eigenen beiden Öhrchen. 

Der Mäuserich kann Schnürsenkel binden. Das hat sich der kleine Kerl - mit Unterstützung seiner großen Schwester - damals in wenigen Versuchen selbst beigebracht. Ein paar Wochen zuvor hatte er seinen fünften Geburtstag gefeiert. 




Während die Zaubermaus zum Beispiel "erst" mit sechs Schleife binden konnte, war sie beim unfallfreien Fahrradfahren deutlich früher dran als der Mäuserich. Und das ist ja wohl klar: Früher oder später können sie es alle (und falls nicht, gibt es inzwischen auch wirklich hübsche Sneakers mit Klettverschluss und E-Bikes für Erwachsene ;-)). 

Für mich ist das ein weiteres Beispiel dafür, dass jedes Kind die Fähig- beziehungsweise Fertigkeiten, die es fürs Leben braucht, in seinem eigenen Tempo erlernt: sich drehen, krabbeln, laufen, schwimmen, auf Toilette gehen, mit Messer und Gabel essen, lesen und schreiben zum Beispiel. Da können wir Eltern uns auf den Kopf stellen, stapelweise Sachbücher heranschleppen oder Erklärvideos auf YouTube zeigen. Bringt nicht unbedingt viel, erzeugt dafür umso mehr Leistungsdruck: und der kann unter Umständen ordentlich nach hinten losgehen. 





Ich habe einige Mütter und Väter kennengelernt, die damit prahlten, wie rasch ihre Kinder erste Fortschritte beim Schwimmen, Lesen, Rechnen und unter anderem Fahrradfahren machten. Ich staunte und staunte. Ein halbes Jahr später war die anfängliche Euphorie dann in manchen Fällen schon wieder vorbei: Mit dem Seepferdchen klappte es auch beim dritten Versuch nicht, das Lesebuch wurde vor Wut in die Ecke geschmissen, und Fahrrad und Kind landeten im Gebüsch, weil zwar das Aufsteigen funktionierte, das Bremsen jedoch nicht. 





Häufig heißt es abwarten: In einigen Fällen ebbt die Begeisterung der Mamis und Papis für die neue Leidenschaft ihres Nachwuchses sogar noch schneller ab als die der Kinder selbst. Von nichts kommt nämlich auch wieder nichts: Einfach dem Kind ein Fahrrad von den Großeltern schenken lassen und sagen „Mach du mal, mein Sohn“, reicht in der Regel nicht. Da muss man unter Umständen schon mal ein paar Stunden, Tage, Wochen nebenherlaufen, ermutigen, anfeuern, trösten - sich Zeit nehmen. Zwischen Fordern und Faulenzen liegt liebevolles Fördern - und das macht in der Regel allen Beteiligten Spaß.   



Wissen macht Spaß: Im Mitmachmuseum wortreich in Bad Hersfeld haben die Mäuse spielerisch viel über Sprache und Kommunikation erfahren.    


Wer derzeit an den Fähigkeiten seines eigenen Kindes zweifelt, das in Malbüchern partout über die Linie malt, während der ambitionierte Nachbar seinen zwei Jahre jüngeren Sohn bereits zum Aquarellmalerei-Kurs für Fortgeschrittene angemeldet hat, darf sich entspannt zurücklehnen. Es wird nicht alles so heiß gegessen wie von den stolzen Eltern gekocht.

Ich gehöre nicht zu den Mamas, die sich in Meilenstein-Momenten auf die Schulter klopfen und selbstherrlich "Alles richtig gemacht" seufzen. Der Mäuserich ist auch kein Wunderkind, nur weil er autodidaktisch dafür gesorgt hat, dass wir keine Schuhe mehr mit Klettverschluss kaufen müssen. Das alles sind zwar Gründe zum Freuen, jedoch nicht zum lautstarken Angeben. Vor allem nicht vor Eltern, deren Kinder vielleicht noch Schwierigkeiten haben, Drei und Drei zusammenzuziehen oder einen sauberen Purzelbaum zu schlagen. 


Freude, Glück, Zufriedenheit


Vergleiche, was die Lernfähigkeit von Kindern angeht, sind zwar fehl am Platz - werden aber immer wieder gern von (uns - jahaaa, erwischt ;-)) Erwachsenen vorgenommen, die doch eigentlich wissen müssten, dass es im Leben nicht nur um "Höher, Schneller, Weiter" geht, sondern vielmehr um Freude, Glück und vor allem Zufriedenheit. Es reicht schließlich, wenn sich Kinder im Kindergarten und in der Schule immer wieder gegenseitig unter die Nase reiben, was sie schon können und andere "nänänänä-näh" eben nicht. Wäre doch schön, wenn wir Erwachsenen da mit gutem Beispiel vorangingen.


„Also mein Kind ist ja viel schlauer, sportlicher und schöner wie deins - überhaupt als alle“: So etwas kann man sich als stolze Eltern zwischendurch vielleicht mal still denken, laut und wiederholt sagen sollte man es jedoch nicht (erstens heißt es "als" und zweitens fällt das unter die Rubrik Rücksicht & Anstand). Zumal es in den meisten Fällen gar nicht stimmen kann: Denn die schlauesten, sportlichsten und schönsten Kinder haben nun mal mein Mann und ich. ;-)  




Für alle, die Lust haben, das eigene Kind ein-wenig-sanft-behutsam-leicht-auf-eigenen-Wunsch in seiner kognitiven Entwicklung zu fördern, habe ich hier einige unserer Lieblingslernspaßmaterialien rund um den Schulbeginn zusammengestellt. Es sind nur ein paar Empfehlungen, die wir selbst mal ausprobiert haben und die ich Euch gern weitergeben möchte.

Einzige Bedingung: Habt Spaß beim gemeinsamen Ausprobieren. Setzt Euch an einen Tisch und zündet eine Kerze an. Stellt eine Tasse Milchkaffee für Euch und einen heißen Kakao für Eure Kinder in Reichweite. Holt ein paar Kekse oder Schokolade aus dem Schrank. Legt das Handy ganz weit weg. Macht es Euch gemütlich, seht nicht alles so ernst und feiert jeden der Fortschritte, die Eure Mäuse machen - mögen sie auch noch so klein sein. Freut Euch also ganz laut vor Euren Kindern darüber (und ein bisschen leiser vor anderen).   

Unsere Lieblingslernspiele:

  • "Die freche Sprech-Hexe" von Ravensburger
  • "Conni kommt in die Schule" von Kosmos
  • "Schloss Silbenstein" von Ravensburger
  • "Pustekuchen" von Haba
  • "Differix" von Ravensburger
  • "Mini-Lük-Set: Übungen für Vorschulkinder" von Heinz Vogel (Westermann Lernspielverlage)
  • "tiptoi - Vorschulwissen" von Kirsten Jebautzke (Ravensburger Verlag)
  •  "tiptoi: Wir spielen Schule" von Ravensburger

Unsere Lieblingslernhefte:

  • "Das große Vorschulbuch" von Hanna Sörensen (Conni Gelbe Reihe, Carlsen Verlag)
  • "Der kleine Drache Kokosnuss - Rätselspaß für die Schule" von Ingo Sieger (cbj Verlag)
  • "Das große Vorschulbuch" von Ulrike Holzwarth-Raether (Fischer Duden Kinderbuch Verlag)
  • "Pettersson und Findus. Das große Vorschulbuch" von Christian Becker (Oetinger Verlag)
  • "Mein Kindergarten-Block" von Hanna Sörensen aus "Conni Gelbe Reihe" (Carlsen Verlag)
  • "Mein großer Vorschulblock - Rechnen und Schreiben" von Gabie Hilgert (Fischer Duden Kinderbuch Verlag)


Herzliche Grüße,
Sarah


* Dieser Beitrag enthält unbeauftragte Werbung für von mir selbst gekaufte Lernmaterialien, die meine Kinder und ich frei ausgewählt haben, sowie für zwei Museen in Kaufungen und Bad Hersfeld - den Eintritt haben wir ebenfalls selbst bezahlt.




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